Klinik Fallingbostel - Kaufmann trifft Klimaschutz

Das Thema Nachhaltigkeit ist in der Öffentlichkeit teilweise überlagert von Protesten der letzten Generation, „Klimaklebern“ auf den Straßen großer Städte und von „Fridays for Future-Bewegungen“. Sicherlich ein Grund dafür, dass dieses wichtige Thema in den deutschen Kliniken noch nicht gänzlich in den Fokus geraten ist.

Auch wir als Klinik Fallingbostel waren zurückhaltend und hatten das wirtschaftliche Potenzial zunächst unterschätzt. Bei näherer Betrachtung geht es jedoch um die Dimensionen „Wirtschaft“, „Menschen“ und „Umwelt“. Zielfelder, mit denen wir uns als Kaufmann täglich beschäftigen. Bei der Nachhaltigkeit aus kaufmännischer Sicht ist festzustellen, dass das Thema ein sehr gutes Instrument für ein stringentes Kostenmanagement ist. Die Außendarstellung wird durch gezielte Maßnahmen und einer cleveren Vermarktung auf unterschiedlichen Ebenen verbessert. Auch die Personalbindung und gewinnung wird positiv beeinflusst. Insgesamt ist bereits jetzt schon auf dem Arbeitsmarkt ein Wertewandel zu beobachten. Vor allem jüngere Menschen wollen nicht mehr für  Firmen arbeiten, die in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz nicht gut aufgestellt sind. Die Branche spricht von einem „Climate-Quitting“.

Intern hat die Nachhaltigkeit an Fahrt aufgenommen, als wir eine Einladung zur Teilnahme am bundesweiten Klimaschutzprojekt „KLIK green“ erhalten haben. An diesem Projekt – vom BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) geleitet – haben insgesamt 250 Krankenhäuser und Reha-Einrichtungen teilgenommen. Projektziel war es, innerhalb der Projektlaufzeit mindestens 100.000 Tonnen CO² einzusparen. Im Projekt wurden beschäftigte Fachkräfte kostenlos zu Klimamanager:innen qualifiziert, um konkrete Klimaschutzziele für die Einrichtungen festzulegen, Maßnahmen zu planen und umzusetzen (inklusive Projektmanagement).
Die Einsparungen erfolgten in den Bereichen Energie, Beschaffung, IT, Logistik, Abfallvermeidung und Speiseversorgung. Dank der Schulungen und Themenworkshops, unter anderem zu Fördermöglichkeiten, und der erfolgten Vernetzung mit anderen Kliniken ist es uns gelungen, diverse erfolgreiche Projekte strukturiert anzugehen.
Im Bereich Energiemanagement haben wir im Dezember 2022 ein neues Blockheizkraftwerk mit einer Eigenerzeugung von knapp 650.000 kWh in Betrieb genommen. Die Anschubfinanzierung erfolgte über landesweite Fördermittel. Ende November 2023 konnten wir trotz frühzeitiger Beauftragung im September 2022 unsere Photovoltaikanlage an das öffentliche Stromnetz anschließen, die pro Jahr circa 200.000 kWh produziert. Durch diese beiden Komponenten reduzieren wir um 80 Prozent unseren Stromverbrauch und verringern unseren CO²-Ausstoß um 221 tCO².

Herzensprojekt: „Zu gut für die Tonne“

Unser Vorzeige- oder Herzensprojekt ist allerdings die Teilnahme an der bundesweiten Kampagne „Zu gut für die Tonne“. Die kostenlose Kampagne ist besonders geeignet für Kliniken, die das Essen in Buffetform anbieten. Im Kern geht es darum, die Patient:innen auf die Lebensmittelverschwendung hinzuweisen, zu sensibilisieren und das Nutzerverhalten positiv zu beeinflussen. Die Patient:innen werden mehrfach während ihres Aufenthaltes mit drei Botschaften angesprochen: „Verlassen Sie
nie den Speisesaal mit knurrendem Magen“, „machen Sie sich den Teller nicht zu voll und gehen einmal öfter zum Buffet“ und „geben Sie leere Teller zurück“. Und das mit Erfolg: Die berühmte „Schweinetonne“ ist nur noch halb so voll und wir sparen pro Jahr nur durch gezielte Ansprache ca. 60 tCO² und haben unsere Lebensmittelausgaben reduziert.
Aktuell prüfen wir die Einführung eines Bestellsystems für Mitarbeitende und Patient:innen, dass an das Warenwirtschaftssystem angebunden wird.


Weitere Projekte seit 2021 im Überblick:


- Fensteraustausch mit Sonnenschutz und höchstem energetischen Standard im Mitteltrakt – CO²-Einsparung von 95,5 tCO²
- Erneuerung der kompletten Gebäudeleittechnik
- Austausch der Lüftungsanlagen und Einbau einer neuen Klimatechnik*
- JobRad-Einführung mit mittlerweile mehr als 30 „Jobradlern“ – CO²-Einsparung von 16,53 tCO² pro Jahr
- E-Dienstwagenleasing für Mitarbeitende inklusive kostenloser Lademöglichkeit (Strom aus eigener Photovoltaikanlage, nachts werden die Ladesäulen mit grünem Strom versorgt).
Das Paket umfasst ein „Rundum-Sorglospaket“; die Mitarbeitenden können für ca. 300 Euro netto über die Entgeltumwandlung ein Elektroauto (ID.3, ID.4 oder ID.5) leasen
- Austausch der Druckerlandschaft mit Wechsel von Tonern auf Tintenstrahl– CO²-Einsparung von 6,02 tCO² pro Jahr
- Zusammenlegung der Kühlhäuser im Wirtschaftsbereich – CO²-Einsparung von 0,53 tCO² pro Jahr
- Abschaffung der Coffee-to-go-Becher in der Cafeteria – CO²-Einsparung von 0,12 tCO² pro Jahr
- Einsatz neuer Reinigungsmittel – Reduzierung von neun auf fünf Reinigungsmittel, Mehrwegflaschensystem über Dosieranlage.

*Die ersten drei Maßnahmen wurden über bundesweite Fördermittel mit einer Förderquote von 85 Prozent gefördert (Förderprogramm „Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen“ – Projektträger Zukunft – Umwelt – Gesellschaft (ZUG) gGmbH)

Als Fazit ist festzuhalten, dass es sich lohnt, in Nachhaltigkeit zu investieren. Nachhaltigkeit ist „en voque“ und mehr als attraktiv. Erklären Sie in Ihrer Klinik dieses wichtige Thema zur Chefsache oder achten darauf, dass zumindest der beauftragte Mitarbeitende mehr als ein Kümmerer ist. Sofern Sie das Thema Nachhaltigkeit ganzheitlich angehen, brauchen Sie eine Person mit einem gewissen „Drive“, mit einem organisatorischen Geschick und einer Entscheidungskompetenz.
Sicherlich auch eine interessante Aufgabe mit Blick auf Personalentwicklung für einen aufstrebenden
Potenzialmitarbeitenden. Eine nachhaltige Sicht verbessert zudem das Image und steigert die Arbeitgeberattraktivität – Stichwort: Fachkräftemangel.
Dass die Nachhaltigkeit ein wichtiger Kostenmanagementansatz ist, wird sicherlich aufgrund der vorgestellten Projekte deutlich. Des Weiteren wird mit Blick auf das künftige Vergütungssystem der Deutschen Rentenversicherung jegliche Bemühung mit der neuen Nachhaltigkeits- und Innovationskomponente belohnt.


Abschließend noch zwei Tipps von unserem Experten Tobias Schuchhardt:

1. Arbeiten Sie vor und legen Projekte in die „Schublade“. Irgendwann kommt die Zeit, um diese Ideen hervorzuholen und zu realisieren. Auch wir konnten in der größten Krise aller Zeiten (Corona, Ukraine-Krieg) auf diese Ideen zurückgreifen und haben den Mut – Dank der
Unterstützung unserer Gesellschafter – gehabt, zu investieren.

2. Trauen Sie sich an die Förderprogramme ran. Sofern Sie nicht das Know-how haben, holen Sie sich Architekten und Planer ins Haus.

 

Tobias Schuchhardt

Verwaltungsleiter der Klinik Fallingbostel