Dr. Michael Annas zum Welt-Alzheimertag

Demenz – „Die Welt steht Kopf"

Die Demenzerkrankung wird in den kommenden Jahrzehnten eine der größten ganzheitlich gesellschaftlichen Herausforderungen im Gesundheitssystem hinsichtlich der Behandlung und Betreuung der an Demenz erkrankten Menschen aufgrund der demographischen Entwicklung sein. Zahlreiche Formen der Demenz werden unterschieden. Die Alzheimerdemenz ist dabei die häufigste Form. Sie tritt in der Regel erst jenseits des 60zigsten Lebensjahres auf, wobei auch seltenere Demenzformen wie z. B. die fronto-temporale Demenz, die Demenz im Zusammenhang mit Morbus Parkinson, das Korsakow-Syndrom, das durch Alkohol-Missbrauch oder die vaskuläre Demenz, die durch Arterienverkalkung der Hirngefäße verursacht wird, auftreten. Außerdem können Demenz-Erkrankungen durch sog. raumfordernde Ereignisse im Gehirn verursacht werden wie z. B. durch Hirntumore, Blutungen, einen Hydrozephalus oder auch Vitamin B 12 Mangel, AIDS oder die Creutzfeld Jacob Erkrankung.

 

Welche Symptome treten bei einer Demenz auf?

Neben kognitiven Störungen im Kurzzeitgedächtnis, der Vergesslichkeit, der Einschränkung der Kommunikation, können motorische Symptome mit Gangunsicherheit, Gleichgewichtsstörungen und Sturzgefährdung aber auch Verhaltensstörungen wie aggressives Verhalten, Angst- und Wahnstörungen, Gereiztheit und Labilität sowie Essstörungen oder zielloses Herumirren auftreten. Manche Menschen mit Demenz verlieren ihre Eigeninitiative, vernachlässigen ihre Hobbies, ihre Körperpflege, ihre Ordnung in ihrer Wohnung; die Verschiebung des Tag-/Nachtrhythmus ist nicht selten.

 

Häufigkeit der Demenzformen

Die Weltweit häufigste Form einer Demenz ist die der Alzheimer-Krankheit mit einem Anteil von 60%. Die Zweithäufigste mit Zahlenangaben zwischen 10 und 20% ist die gefäßbedingte (vaskuläre) Demenz. Auch Mischformen beider Erkrankungen kommen in ca. 15% der Fälle vor. Im Landkreis Emsland leben aktuell ca. 4000 Bürgerinnen und Bürger, die von Demenz betroffen sind. Auch hier wird die Zahl wegen des demographischen Wandels weiter ansteigen. Im Landkreis Emsland gibt es seit 2011 das Demenz Servicezentrum, dessen Aufgabe es ist, das Netzwerk aus Unterstützungsangeboten für Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen weiter auszubauen und für Transparenz in der Angebotsfülle zu sorgen.

 

Verbreitung und Entwicklung in Deutschland

Weltweit sind etwa 55 Millionen Menschen von Demenz Erkrankung betroffen, 2/3 davon in Entwicklungsländern. Bis 2050 wird die Zahl voraussichtlich auf 139 Millionen steigen, so dass am heutigen Tag verschiedene Aktivitäten um den Welt-Alzheimer Tag stattfinden, um die Öffentlichkeit auf die Situation von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen der etwa 1,8 Millionen Demenz Erkrankten und ihren Familien in Deutschland hinzuweisen. Für Deutschland wird mit einem Anstieg der Anzahl der an Demenz erkrankten Personen auf 2,3 Millionen im Jahre 2050 gerechnet, dabei wird sich insbesondere die Zahl der über 85jährigen im Vergleich zu 2018 verdoppeln..

 

Volkswirtschaftliche Entwicklung

Berechnungen aus dem Jahr 2015 beziffern die jährlichen Pflegekosten für einen an Demenz erkrankten Menschen mit 15 000 bis 42 000 Euro. Etwa 2/3 der 1,8 Millionen Demenz Erkrankten werden in der häuslichen Umgebung von Angehörigen betreut und gepflegt Aufgrund der sich verändernden Familienstruktur (Singlehaushalte, Kleinfamilien) wird aber der Anteil der Pflegekosten zukünftig weiter ansteigen auch vor dem Hintergrund der knappen personellen Ressourcen sowohl im therapeutischen Bereich als auch im pflegerischen Bereich. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Daher sind öffentlich wirksame Aktionstage wie der Welt-Alzheimertag wichtig, um auf diese gesellschaftliche Herausforderung hinzuweisen.

 

Risikofaktoren und Prävention:

Vorherrschende wissenschaftliche Meinung ist das hohe Lebensalter neben Depressionen aber auch kardio-vaskuläre Faktoren wie arterielle Hypertonie, Niereninsuffizienz, Adipositas spielen hierbei eine Rolle für das Blutgefäßsystem. Die derzeitigen medizinischen Behandlungsmöglichkeiten können den Verlauf einer Demenz nur in einem sehr bescheidenen Ausmaß, insbesondere im Anfangs- und mittleren Stadium der Demenz beeinflussen. Deshalb kommt der Prävention eine besondere Bedeutung zu. Hierzu zählen Kontrolle der kardio-vaskulären Risikofaktoren, körperliche Aktivität, soziales Engagement, Kontrolle des Körpergewichtes und die frühzeitige Behandlung einer Depression. Auch das Einstellen des Zigarettenkonsums trägt zur Prävention einer Demenzentwicklung ebenso wie eine gute Zahngesundheit bei. Die Untersuchung der Mechanismen der Neuroplastizität und Neurogenese im Zusammenhang mit der Prävention gilt als eine der wesentlichen Herausforderungen der modernen Neurowissenschaften.

 

 

Welche diagnostischen Möglichkeiten gibt es?

Zur differentialdiagnostischen Abklärung einer Demenz sind bildgebende Verfahren des Neurocraniums wie Kernspintomographie oder Computertomographie des Kopfes, die Elektroenzephalographie und Nervenwasseruntersuchung (Tau Protein, Beta Amyloid Protein) neben neuropsychologischen Testverfahren wie dem Mini Mental Status Test, der Uhren-Zeichen-Test oder der Demtect neben umfangreichen laborchemischen Untersuchungen wie Blutbild, Vitamin B12 Spiegel, Blutzucker, Leberwerte und andere Parameter wichtig. Die Darstellung kortikaler Stoffwechseldefizite in der Positron-Emissionstomographie (PET) sowie die Möglichkeit der Amyloid Anreicherung im Gehirn mit PET-Liganden sichtbar zu machen, ist möglich.

 

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Seit einigen Jahren stehen Medikamente gegen Demenz zur Verfügung (Antidementiva). Heilbar ist die Demenz zurzeit nicht, aber in vielen Fällen in ihrem Verlauf bis zu 2 Jahre aufzuhalten, wenn sie frühzeitig erkannt und behandelt wird. Neben der medikamentösen Therapie können ambulante rehabilitative Maßnahmen mit Krankengymnastik, Ergotherapie, Logopädie, neuropsychologischen Funktionstraining, aber auch Biographie-Arbeit und Gedächtnistraining durch Gehirnjogging den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen.

Unter ganzheitlicher Betrachtungsweise können stationäre rehabilitative Maßnahmen wie sie in der Mediclin Hedon Klinik und anderen Rehabilitationskliniken der Mediclin Gruppe möglich sind, durch repetitives Einüben bestimmter Alltagskompetenzen im Rahmen der Ergotherapie, der Logopädie, der Neupsychologischen Funktionstherapie als auch Krankengymnastik, um motorische, kognitive und kommunikative Funktionsstörungen abzumildern und durch sozialrechtliche Beratung mit der Vermittlung flankierender Maßnahmen und Kontaktherstellung zu Selbsthilfegruppen, hilfreich sein.