Krankenkassen schwächen Reha

  • Krankenkassen zahlen 580 Mio. Euro weniger für Reha und Vorsorge
  • Corona-Zuschlag der Krankenkassen für Reha-Einrichtungen kommt nicht an
  • Verweigerungs-Haltung der Krankenkassen schwächt Mensch und Wirtschaft gleichermaßen

Pflegbedürftigkeit vermeiden, Arbeitsunfähigkeitstage reduzieren, Krankenhausausgaben minimieren und dabei gleichzeitig Lebensperspektiven öffnen und die Sozialsysteme entlasten. Das klingt zu schön, um wahr zu sein? Nicht, wenn man sich die Leistungen der Rehabilitationskliniken in Deutschland verinnerlicht. Eben diese genannten Ziele werden hier Tag für Tag durch einen enorm hohen Einsatz aller Mitarbeitenden erreicht. Doch wie lange noch?

Die Situation in zahlreichen niedersächsischen Rehakliniken ist bedrohlich. Viele sehen sich in ihrer Existenz gefährdet. Die Gründe dafür sind plausibel. Allein im letzten Jahr haben beispielsweise die gesetzlichen Krankenkassen nach den vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) veröffentlichten vorläufigen Finanzergebnissen 580 Mio. Euro weniger für Reha und Vorsorge ausgegeben. Das entspricht einem Minus von 15,2 Prozent. Kein anderer Leistungsbereich verzeichnet solch einen massiven Rückgang. „Die Reha-Bremse ist nicht nur kurzfristig gedacht, sie schwächt Mensch und Wirtschaft gleichermaßen“, sagt Dr. Norbert Hemken, Vorstandsvorsitzender des Verbundes Norddeutscher Rehakliniken (VNR). „Die Einsparungen werden Lebensperspektiven und Sozialsysteme langfristig mit voller Wucht treffen.“

Neben den Einsparungen der gesetzlichen Krankenkassen nehmen die Belegungsrückgänge in den Reha-Einrichtungen pandemiebedingt weiter zu. Eine Umfrage des Verbandes der Privatkliniken Niedersachsen und Bremen e. V. hat ergeben, dass die Zahl der stationär behandelten Patienten im Jahr 2020 gegenüber 2019 um 20 Prozent zurückgegangen ist. Im Januar und Februar 2021 lag die Auslastung durchschnittlich nur noch bei 68 Prozent – bei gleichbleibenden laufenden Kosten. Der Rettungsschirm läuft zum 31. Mai 2021 aus und noch ist nicht klar, ob dieser wie gefordert vor dem Hintergrund der aktuellen pandemischen Lage bis zum 31. Dezember 2021 verlängert wird.

Auch der von den Krankenkassen zu zahlende Corona-Zuschlag für pandemiebedingte Mehrkosten ist noch nicht bei den Reha-Einrichtungen angekommen – obwohl dieser bereits im November 2020 gesetzlich beschlossen wurde. „Die Verweigerungs-Haltung der Krankenkassen darf nicht weiter hingenommen werden“, ergänzt Dr. Norbert Hemken. „Der Gesetzgeber muss diese zweite Bremse schnellstmöglich lösen und eine gesetzliche Grundlage für unsere Verhandlungen mit den Krankenkassen aus Bundesebene schaffen.“ Ansonsten werde es sehr düster, so die Prognose des VNR.