Für die Seele sorgen, wenn der Körper gesund werden soll

In unserer Einrichtung rehabilitieren wir vorrangig Menschen, denen schwere Krankheit, Unfall oder notwendige Operationen unversehens Veränderungen und schmerzliche Einschnitte in ihr Leben gebracht haben. Damit ist nicht immer leicht umzugehen. Manchmal müssen sie ihr Leben ganz neu denken. Nicht selten kann auch seelische Last körperlicher  Genesung  entgegenstehen. Und selbst wenn die körperliche Genesung auf gutem Wege ist, die Seele kommt oft gar nicht so schnell hinterher.

Gerade in der Reha entsteht nun ein Raum für Gedanken und Planungen. Altes bricht auf, Neues sucht sich seinen Weg.

 Um diese Zeit des Umbruchs, der Besinnung und Neuorientierung zu begleiten, steht der Landgrafen-Klinik die Diakonin Aika Feldmann als Seelsorgerin aus dem Ev.-luth. Kirchenkreis Grafschaft Schaumburg zur Verfügung, die in Bad Nenndorf für zwei Reha-Kliniken zuständig ist. Diese Arbeit ergänzt die medizinisch- therapeutischen Angebote um die geistig-seelischen Bereiche und ist so teil einer interprofessionellen Zusammenarbeit.

Neben festen wöchentlichen Sprechzeiten in der Klinik steht sie auf telefonische Anfrage an 4 Tagen die Woche für vertrauliche Gesprächsanliegen von Patienten, Angehörigen und Mitarbeitern zur Verfügung. Die Religionszugehörigkeit spielt dabei keine Rolle. Die Patienten können selbst entscheiden, ob sie die Gespräche im Büro der Seelsorgerin, im eigenen Patientenzimmer oder am Telefon führen möchten.

Frau Feldmann bietet zudem im Raum der Besinnung regelmäßig Andachten an und lädt damit zu Zeiten der Stille ein und gestaltet die Möglichkeit, in Gebet und Lied innezuhalten und sich seiner inneren, spirituellen Kraftquellen zu nähern.

Auch Gesprächsgruppen zu Themen wie „Aus Steinen, die mir im Weg liegen, kann ich etwas schönes bauen“ mit anschließender kreativer Umsetzung regten die Patienten zur Bearbeitung ihrer Situation und zum Austausch in der Gemeinschaft an.

 Die besonderen Corona-Auflagen erschwerten jedoch auch die Arbeit der Seelsorgerin. Kreativangebote unterblieben aus hygienischen Gründen, wegen der Raumgröße sind Andachten nur noch für Kleinstgruppen möglich.

 Um aber trotzdem Kontakte zu Patienten aufbauen zu können und mit ihren Angeboten sichtbar zu bleiben, begann Frau Feldmann im ersten Lockdown ein wöchentlich erscheinendes Faltblatt mit dem Titel „Für die Seele sorgen“ herauszugeben. Es nimmt sich Themen wie „Sich wertlos fühlen“, „Vertrauen fassen“, „mein innerer Schweinehund“, „Umwege in Leben“  etc. mittels kleiner Weisheitsgeschichte, ansprechenden Fotos, Gebeten und Gedichten und Liedtexten an. Außerdem weist es auf die aktuellen Angebote und die Erreichbarkeit der Diakonin hin. Da auch die verschiedenen Mitarbeitergruppen im Haus im Verteiler sind, entstand eine gute Vernetzung und ein Wissen um dieses zusätzliche Angebot.

Ein besonderer Schatz ist in dieser Arbeit die kleine Kapelle „Raum der Besinnung“. Er bietet den Patienten rund um die Uhr einen Rückzugs- und Ruheraum. Ausgestaltet ist er mit verschiedenen Impulsangeboten. So gibt es die Möglichkeit, für ein stilles Gebet eine Kerze zu entzünden. (LED- Teelichte mit Timerfunktion ersetzen hier die aus brandschutztechnischen Gründen untersagten Kerzen). In einem Körbchen liegen Steine bereit, die, in der Hand gehalten, symbolisch alles aufnehmen können, was einen belastet, um dann mit all ihrer Schwere in einem Kreuz aus Holz und Plexiglas abgelegt werden zu können.  Spruchpostkarten und die ausliegenden Wochenblattausgaben setzen Gedankenimpulse. An einem Hoffnungsbaum können Patienten grüne Blätter mit Bitten beschriften und diese dort anheften.

Es ist immer wieder sehr ergreifend, dass täglich neue Lichter entzündet werden und das Kreuz sich mit immer mehr abgelegten Sorgensteinen füllt, der Hoffnungsbaum tatsächlich ergrünt. Last wird abgelegt, Hoffnungen formuliert. Die Patienten nutzen diese Angebote dankbar, wie auch die Einträge im Gästebuch zeigen.

 Neu hat im letzten Monat der „TonUINO“ in der Kapelle Einzug gehalten. Eine kleine Musikbox, mittels derer Besucher ganz einfach durch auflegen kleiner Check-Karten diverse Musik in dem Raum erklingen lassen können. Ob Taize-Klänge, Kirchenchoräle, Meditationsmusik oder klassische Stücke. Auch Naturklänge und Vogelgesang hat die Seelsorgerin mit eingespielt. So sind auch in Corona-Zeiten im Raum der Besinnung persönliche „Konzerte“ oder ein entspannender akustischer Gang am Meer entlang möglich.

 Die Seelsorge kann so zu einer Kraftquelle auf dem Weg der Heilung werden.

 

Aus: Gespräch von Mensch zu Mensch Luise Rinser (1911-2002)

 

Menschsein heißt: unablässig gefährdet sein.

Was kann man gegen die Angst davor tun?

Nichts anderes, als was ein Kind im dunklen Keller tut:

tapfer ins Dunkele gehen,

es auf eine kühne Art nicht ernst nehmen.

 

Jene Geborgenheit,

die wir alle gern hätten und

die wir mit allen möglichen Versicherungen

erkaufen möchten,

gibt es nicht.

 

Das Höchstmaß an Geborgenheit erlangt der Mensch,

wenn er seiner Angst

das große starke Vertrauen entgegensetzt.

Vertrauen und Hoffnung sind schöpferische Kräfte.

Sie schaffen, was es eigentlich nicht gibt:

Geborgenheit inmitten der Gefahr.