Interview Dr. Norbert Hemken

Lassen sich während der Corona-Krise Reha-Patienten genauso versorgen wie in regulären Zeiten?

Dr. Norbert Hemken: Die Qualität der medizinischen Behandlungen in den Rehakliniken unseres Verbundes ist gleichbleibend auf einem sehr hohen Niveau. Dadurch, dass beispielsweise Gruppentherapien aufgrund der Kontaktbeschränkungen entzerrt werden, sind viele Anwendungen noch intensiver und individueller als vorher. Die Patienten genießen daher in der Therapie viele Vorteile.

Welche Einschränkungen gibt es?

Dr. Norbert Hemken: Aufgrund der Hygienevorschriften sind einzelne Therapien, dazu gehört der Wassersport, im Moment nicht möglich. Die Therapieinhalte werden durch vergleichbare Anwendungen ersetzt. Darüber hinaus ist der soziale Bereich unter den Rehabilitanden aufgrund der geltenden Vorschriften eingeschränkt. Gemeinsame Freizeitangebote in größeren Gruppen werden aktuell nicht angeboten.

Welche Herausforderungen bedeutet die Corona-Krise für die Rehabilitation?

Dr. Norbert Hemken: Die größte Herausforderung ist sicherlich der Kostenfaktor. Viele Rehakliniken stellen 100 Prozent ihrer Leistungen zur Verfügung, können aber aufgrund der zahlreichen Auflagen nur rund zwei Drittel der Betten belegen. Dies ist auf Dauer kein haltbarer Zustand. Wir haben bereits zahlreiche Gespräche auf regionaler als auch auf Bundesebene unter anderem zu den Pflegesätzen der Kostenträger geführt – eine Lösung ist noch nicht in Sicht.

Wie wird - falls das nötig ist - entschieden, welche Patienten zuerst behandelt werden?

Dr. Norbert Hemken: Aufgrund der reduzierten Kapazitäten kommen viele Rehakliniken langsam an ihre Grenzen. In den kommenden Wochen wird es sicherlich eine vermehrte Anfrage geben, die nicht mehr zu 100 Prozent bedient werden kann. Das schmerzt besonders. Welcher Patient dann zuerst aufgenommen wird, ist abhängig von verschiedenen Faktoren, dazu gehören Verträge, Fristen und Kostenträger.

Welche Folgen kann es haben, wenn die Rehabilitation nicht früh genug beginnt?

Dr. Norbert Hemken: Man sollte hier zwischen einer Anschlussheilbehandlung und einem Heilverfahren unterscheiden. Für einen Patienten, der direkt aus dem Krankenhaus kommt und nicht direkt in die empfohlene Rehabilitation verlegt wird, kann dies gravierende Folgen haben.