Obwohl bundesweit Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Reha-Kliniken händeringend Pflegefachkräfte suchen, sperren sich zwei Bundesministerien gegen die Ausweitung von Ausbildungskapazitäten. Wie Dr. Norbert Hemken als Geschäftsführer vom Reha-Zentrum am Meer in Bad Zwischenahn berichtet, lehnen das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSJF) und das Bundesgesundheitsministerium (BMG) es ab, die rund 1.000 Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation als Ausbildungsträger für Pflegeberufe zuzulassen.
„Nachvollziehbar ist das für mich nicht,“ erklärt Dr. Norbert Hemken. Nach seiner Überzeugung erfüllen viele deutschen Reha-Kliniken die sachlichen und fachlichen Voraussetzungen für die Pflegeausbildung. Würden die bei ihnen vorhandenen Ausbildungsmöglichkeiten genutzt, könnten vermutlich Tausende zusätzliche Ausbildungsplätze für Pflegefachleute und Pflegeassistenzberufe geschaffen werden. Und das wäre dringend erforderlich.
Hochrechnungen des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass in zehn Jahren deutschlandweit bereits 90.000 Pflegekräfte fehlen. Bis zum Jahr 2049 könnte sich diese Zahl auf 280.000 verdreifachen.
Als Grund für ihre Ablehnung nennen die beiden Ministerien, dass gemäß der Ausbildungs- und Prüfungsordnung der Ausbildungsträger mehr als 50 Prozent der praktischen Ausbildung in der eigenen Einrichtung anbieten soll und nicht durch Kooperationen mit anderen Ausbildungsträgern. Zudem gebe es bereits genug Träger für die Pflegeausbildung, weitere würden deshalb nicht benötigt. Diese Argumente lässt Dr. Norbert Hemken nicht gelten: „Wie unsere Reha-Klinik am Meer können die meisten deutschen Rehabilitationseinrichtungen viele der Ausbildungsinhalte abdecken. Nur in wenigen Teilbereichen wären Kooperationen mit benachbarten Krankenhäusern erforderlich. Das machen andere Ausbildungsbetriebe aber auch, deshalb ist die Begründung der Ministerien nicht nachzuvollziehen. Und dass Ausbildungsangebote fehlen, ist mehr als offensichtlich.“
Ob es bei den Bundesministerien noch zu einem Sinneswandel kommt, ist ungewiss. Auch der Bundesverband Deutscher Privatkliniken e. V. (BDPK), der die politischen Interessen der Krankenhäuser und Reha-/Vorsorgeeinrichtungen in privater Trägerschaft vertritt, hat bereits mehrfach die Politik auf Bundesebene angeschrieben und ein Einlenken gefordert.